To Be (anwesend) Or Not – das ist die Argumentationsgrundlage.


Im Gegensatz zu der laut Veranstaltern bei der im Parlament stattgefundenen „Beyond Growth“ Konferenz (15. bis 17. Mai) nicht anwesenden Presse-Kommentatorin Elisabeth Zehetner habe ich als Anwesender nichts von der von ihr behaupteten „Skurrilität“ einer „Degrowth“ Propaganda wahrgenommen („SPÖ, Grüne und „Degrowth“, Die Presse 18.5.2024). Wann sonst als jetzt – eigentlich jederzeit – ist es notwendig, über die Bekämpfung der Klima- und Umweltkrise nachzudenken, mit ExpertInnen zu diskutieren und die politischen Parteien zu Wort kommen zu lassen? Im Gegensatz zu Zehetner behaupte ich, dass gerade der Zeitpunkt sehr niedrigen Wirtschaftswachstums der richtige ist, sich stärker Gedanken darüber zu machen, woraus gesellschaftliche Wohlfahrt tatsächlich besteht, welche Rolle dabei BIP-Wachstum spielt und vor allem, wie wir aus der Falle herauskommen, mit mehr BIP-Wachstum weniger Emissionen zu produzieren und Nachhaltigkeit zu erreichen.

Darum ist es in dieser Konferenz gegangen, die mit einer eindrucksvollen Keynote von Sigrid Stagl überzeugend, kühl und ohne Fanatismus einerseits die planetaren Grenzen in vielen Bereichen mit international akzeptierten Daten aufgezeigt hat und andererseits die bisher nur schwächlichen Erfolge bei der Emissionsbekämpfung und Umweltverzehr unterlegt mit eindrucksvollem empirischem Material beklagt hat. Dass Wirtschaftswachstum nicht Wohlfahrt mißt (heute viel weniger als vor Jahrzehnten als die Schäden der Klimaerwärmung und des Artensterbens noch geringer waren), dass die Steigerung des BIP-Wirtschaftswachstums daher nicht das Ziel der Wirtschaftspolitik sein kann, wurde von den Panelteilnehmern und PolitikerInnen einhellig festgestellt. Dass Verhaltensänderungen in Produktionsverläufen und Konsumverhalten notwendig sind, wenn wir den Planeten für die nächsten Generationen erhalten wollen, ist Konsens (nur ein Panelteilnehmer hat sich gegen „Eingriffe“ in den privaten Konsum gerwehrt, ohne allerdings überzeugende Argumente über die politische Schwierigkeit hinaus vorzulegen). Dass daraus vielleicht resultierendes geringeres BIP-Wirtschaftswachstum tiefgreifende Änderungen in unseren Sozialsystemen erfordert, bezweifelt niemand. Aber die Schlussfolgerung der von Zehetner zitierten „Studie“, dass wir mehr Wirtschaftswachstum brauchten, um Nachhaltigkeit zu erreichen, dass es ohne Verhaltensänderungen allein mit neuen technischen Möglichkeiten ginge, widerspricht allem, was die Umwelt- und Wirtschaftsliteratur, die sich ernsthaft mit Nachhaltigkeit beschäftigt, eindrucksvoll belegt. Diese Argumentation entspricht vielleicht einer bestimmten Interessenlage, die von denen lautstark und leider politikstark vertreten wird, die vom derzeitigen Wirtschaftssystem, welches uns zunehmend an die planetaren Grenzen bringt, profitiert. Es war jedenfalls nicht Thema dieser wichtigen Konferenz. Dabeisein ist vieles, Zuhören noch mehr.

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Filed under Climate Change, Crisis Response, Global Governance, Socio-Economic Development

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