Steuerreform oder Systemwechsel


Im Rahmen der dieses Jahr von Brasilien geleiteten G-20 Gruppe (der 20 größten Volkswirtschaften der Welt, inklusive der EU) haben eben die Minister von 4 wichtigen G-20 Ländern, Brasilien, Südafrika, Deutschland und Spanien einen Vorschlag für eine 2%-ige Steuer auf die Vermögen der 3000 Milliardäre der Welt vorgelegt (https://www.theguardian.com/inequality/2024/apr/25/ministers-of-germany-brazil-south-africa-and-spain-why-we-need-a-global-tax-on-billionaires). Dies vor dem Hintergrund einer Oxfam-Studie , die zeigt dass sich die Einkommenslücke zwischen den höchsten und niedrigsten Einkommen in den letzten Jahren verdoppelt hat, dass zwischen 2020 und 2023 das Vermögen dieser Milliardäre um 3.3 Billionen $, das ist mehr als ein Drittel (!), zugenommen hat, sowie einer Weltbank-Studie, die zeigt, dass seit der Pandemie die früheren Erfolge bei der Verminderung exzessiver Armut der Weltb evölkerung zum Stillstand gekommen sind.

Eine solche weltweit koordinierte und implementierte Steuer könnte bis zu 250 Mrd $ im Jahr einspielen – etwa die Summe der im Vorjahr verursachten Umweltschäden – und für die Armutsbekämpfung, die Herstellung von sozialstaatlichen Institutionen und Klimafolgenbekämpfung eingesetzt werden. Der einschlägig ausgewiesene und anerkannte französische Ökonom Daniel Zucman soll bis zur nächsten Ministertagung im Juni Details für eine solche Steuer und deren Implementierung ausarbeiten.

Eine solche global vereinbarte Steuer sollte die 15%-ige Minimalsteuer für das Körperschaftseinkommen der Multinationalen Konzerne, sowie der Bestrebungen nach globalen Digitalsteuern ergänzen. Es könne nicht sein, dass die Reichsten nur 0.5% ihres Vermögenseinkommens an Steuer zahlten und damit die Gruppe mit der niedrigsten effektiven Steuerlast seien. Natürlich müßte mit einer solchen globalen Vermögensteuer das Verbot von Steuerverschiebungen in „Steueroasen“ Hand in Hand gehen, wodurch erst solche Steuervermeidungen möglich würden.

Die G-20 Minister (und Zucman) wissen natürlich, dass der Widerstand gegen die Einführung einer solchen Vermögensteuer groß sein wird, dass die Reichsten ihre beachtlichen politischen Einflußmöglichkeiten dagegen geltend machen werden. Aber Umfragen zeigen, dass weltweit mehr als 80% der Bevölkerung einer solchen Steuer zustimmen: diese Meinungsmacht gelte es, gegen die Lobbykraft einzusetzen.

Ein solcher Vorschlag wird, wenn er denn durchgesetzt werden kann, die massiv verzerrte Verteilung von Einkommen und Vermögen auf der Welt nur wenig beeinflussen, allerdings eine wichtige symbolische Wegmarke auf dem Weg dahin setzen, dass „die Welt“ diese grotesken Unterschiede im Reichtum nicht länger hinnehmen will, während die Armen in den Entwicklungsländern ( in geringerem Ausmaß aber doch auch in den reichen Ländern,) kaum ihr Leben fristen können, keine adäquate Gesundheitsversorgung und Bildung haben und die von den internationalen Geldgebern und Finanzinstitutionen aufgezwungene Austerity-Politik die Sozialausgaben zugunsten der Zinszahlungen shcrumpfen läßt. Eine Steuer ist immer nur eine „ex post facto“- Möglichkeit des Staatseingriffs, also nachdem diese Einkommen und Vermmögen angehäuft wurden. Viel wichtiger wäre es, das Wirtschaftssystem so zu ändern, dass solche exzessiv hohen Einkommen gar nicht erst entstehen. Dies erforderte jedoch ein grundsätzliches Umdenken und harte Kämpfe gegen den Einfluß des alles dominierenden Finanzsektors, welcher Renditen um die 15% fordert, gegen die Allmacht der Börsen, die kurzfristige Unternehmensentscheidungen (durch die Pflicht vierteljährlich Bericht zu erstatten und darauf hin die Unternehmensbewertung abzustellen) fördern, gegen die Plattformmonopole und die Wirtschaftsmacht der Multinationalen Unternehmen, und gegen die unfairen Handelsbeziehungen zwischen Industrie- und Rohstoffländern.

Bis ein solcher Systemwechsel erfolgen kann, ist jedoch die Utopie einer globalen Vermögensteuer für Milliardäre zweifellos wert, umgesetzt zu werden.

2 Comments

Filed under Crisis Response, Financial Market Regulation, Global Governance, Socio-Economic Development

2 responses to “Steuerreform oder Systemwechsel

  1. Thomas Stelzer

    This is a laudable initiative. Albeit, compared with annual military expenditures (currently at 2,4 trillion/year) and illicit financial flows (mainly tax evasion, tax avoidance, bribery, and corruption) of beyond 7 trillion/year (estimated, since no reliable measuring available) this can only be a beginning.

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