Kaufkrafterhalt oder Markteingriff als politische Krisenstrategie


Wir hören immer wieder von Finanzminister und Bundeskanzler, dass Österreichs Weg, Firmen und Haushalte seit Corona mit mehr als 40 Mrd € zu subventionieren, die optimale Krisenbekämpfung gewesen wäre, da es damit gelungen sei „die Kaufkraft zu erhalten“. Dies wäre für ÖsterreicherInnen besser gewesen als die Forderung vieler, durch Markteingriffe die Inflationsrate zu senken.

Jedoch hält diese Argumentation der Überprüfung an Fakten nicht stand. Verglichen mit der Eurozone war die Zuwachsrate des österreichischen Bruttoinlandsprodukts (als grober Maßstab für die Kaufkraft) in den Jahren 2020 bis 2024 (Prognose) vier mal geringer als jene der Eurozone. Nur im Jahr 2022 wuchs das österreichische BIP mit 4.8% (real) stärker als jenes der Eurozone (3.4%).

Die am Harmonisierten Verbraucherpreisindex gemessene Inflationsrate jedoch war in allen 5 Jahren deutlich höher als jene der Eurozone, im Schnitt um 1.3 Prozentpunkte. Dies zeigt, dass das „Kaufkraftargument“ nicht greift. Für den österreichischen Haushalt war die Inflationsrate für sein Wohlergehen ausschlaggebend. Höhere Preise für Energie, für Nahrungsmittel, für Dienstleistungen für Mieten schlugen stärker zubuche als die behauptete Erhaltung der Kaufkraft.

Noch dazu greift das von Teilen der Politik behauptete Argument nicht, dass es vor allem die „importierte“ Inflation durch die Steigerung der Energiepreise war, die die Inflation trieb. Gegen die Preisforderungen Russlands und der OPEC-Staaten hätte man nichts tun können. Vergleicht man jedoch den Verbraucherpreisindex, der die Preise aller konsumierten Waren und Dienstleistungen misst, seien sie importiert oder hausgemacht, mit dem „Deflator des BIP“, der nur die hausgemachten Preise (also jene, die von österreichischen Unternehmen berechnet werden) berücksichtigt, sieht man, dass in diesen 5 Jahren der BIP-Deflator in drei Jahren höher war als der VPI, also in diesen Jahren die von heimischen Unternehmen zu verantwortenden Preissteigerungen höher waren als die „importierten“ Preise. Es hat also tatsächlich „Gierflation“ gegeben.

All dies zeigt, dass die österreichische „Strategie“, statt Preiseingriffe in den Markt zu wagen, wie es eine ganze Reihe anderer europäischer Staaten getan haben, riesige Geldmengen an Haushalte und vor allem Firmen auszuschütten, gegenproduktiv war – und wahrscheinlich zusätzlich die heimische Inflation hinaufgetrieben hat. Dazu kommt, dass die Finanzierung dieser Geldspritzen natürlich von den SteuerzahlerInnen zu bewerkstelligen ist, sie sich also diese Geldgeschenke selbst finanzieren.

Als „politisches“ Argument wage ich zu behaupten, dass Argumente wie „Erhaltung der Kaufkraft“ bei jenen BürgerInnen, die unter hohen Miet- und Energiekosten stöhnen, kaum ankommen. Im Gegensatz dazu wären effektive Eingriffe (die über die späte und schwache österreichische Mietpreisbremse und schwache Abschöpfung von Supergewinnen der Energieunternehmen) hinausgingen, sehr wohl „politisch honoriert“ würden, da sie der einzelne Haushalt direkt gespürt hätte.

Die österreichische Regierung hat eine teure, teilweise verfassungswidrige und stimmenpolitisch wirkungslose Art der „Krisenbekämpfung“ gewählt und damit den rechtspopulistischen Neinsagern eine wirksame Flanke geöffnet.

Leave a comment

Filed under Crisis Response, European Union, Fiscal Policy, Socio-Economic Development

Leave a comment