Angebot und Nachfrage als Inflationstreiber


Ben Bernanke und Olivier Blanchard, zwei der renommiertesten Mainstream-Ökonomen zerlegen in einem neuen CEPR e-Paper „Monetary Policy Responses to the Post-Pandemic Inflation“ (https://cepr.org/system/files/publication-files/197150-monetary_policy_responses_to_the_post_pandemic_inflation.pdf) im Kapitel über die Inflationsursachen seit der Pandemie diese in Angebots- und Nachfragekomponenten für die USA, die Eurozone, das Vereinigte Königreich und Japan.

Konkret zerlegen sie die headline-Inflation in folgende Komponenten: Startbedingungen (im Grunde die Inflationsraten vor der Pandemie); Arbeitsmarktfaktoren (offene Stellen zu Arbeitslosen); Energiepreise; Nahrungsmittelpreise; Produktivität und „Knappheiten“ (was sie als Indikator für greedflation nehmen, da Unternehmen Knappheiten als Argument

für Preissteigerungen nehmen können). Damit bekommen sie ein ziemlich komplettes Bild von Angebotsfaktoren (Energie- und Nahrungsmittelpreise; Produktivität und Gewinnaufschläge) und Nachfragefaktoren (Arbeitsmarkt und Gewinnaufschläge).

Nicht überraschend zeigt sich, dass in der Eurozone 2022 und 2023 die Energie- und in deren Gefolge Nahrungsmittelpreise zur fast 10-prozentigen Inflationsrate zwischen 7 und 3 Punkte (abnehmend) beitrugen, Arbeitskräfteknappheiten etwa 2-3 Punkte; höhere Gewinnaufschläge etwa 1 Punkt, Produktivitätssteigerungen dämpften die Inflation Ende 2022/anfangs 2023 um etwa einen Prozentpunkt. In den USA waren die Energiepreissteigerungen anfangs 2022 massiv, danach weniger relevant (kein Ukraine-Effekt), während Gewinnsteigerungen kaum sichtbar wurden.

Die Autoren meinen, dass aufgrund der weiter herrschenden Arbeitskräfteknappheiten trotz deutlich gesunkener Inflationsraten die Zentralbanken weiterhin mit Zinssteigerungen reagieren müßten. Dies widerspricht ihrem Befund, dass die benannten Inflationsursachen weitgehend kurzfristig, bzw. einmalig seien. In der Eurozone hätte die EZB jedoch Lohnsteigerungen befürwortet, daher könnte die weiter bestehende Inflation nur durch das ohnedies schwache Wirtschafgswachstum weiter senmkende Zinserhöhungen bekämpft werden. Die Angebotsfaktoren, der enge Arbeitsmarkt, wirkten weiter, die höheren Lohnsteigerungen jedoch trieben von der Nachfrageseite die Inflation weiter an.

Österreich, dessen Inflationsrate weiterhin um fast 2 Punkte über jener des Durchschnitts der Eurozone liegt – und auch nur langsamer sinkt – wird von den Autoren nicht extra analysiert. Hier ist anzunehmen (und das wurde vom Momentum Institut hinreichend belegt), dass einerseits der Wettbewerb (vor allem bei Energie und Nahrungsmitteln) deutlich schwächer ist, was höheren Gewinnmargen den Boden bereitet. Andererseits wirken hier die deutlich großzügigeren Unternehmens- und Haushaltssubventionen als Reaktion auf die Pandemie und die Energiekrise nachfrage- und inflationstreibend – beides also „hausgemachte“ Faktoren. Dies ist ein ziemlich vernichtendes Urteil über die heimische Wirtschaftspolitik der derzeitigen Regierung, die einerseits Koalitionsdifferenzen, andererseits Klientelinteressen mit hohen Steuermitteln zudeckt. Die derzeit langsam sichtbar werdenden Wahlkampf-„Geschenke“ an einzelne Interessengruppen werden dazu führen, dass die Inflation in Österreich weiterhin hoch bleibt – mit den bereits jetzt stark sichtbaren negativen Verteilungseffekten: MieterInnen, Energiekunden, SupermarktkundInnen müssen die höheren Inflationsraten zahlen, viele Unternehmen können weiterhin höhere als durch ihre Vorprodukte erklärbare Preise verlangen. Bezieher hoher Einkommen und Sparer („Anleger“) verlieren zwar Realvermögen, können aber höhere Preise leichter verkraften. Der Ruf der Unternehmen nach weiteren Hilfen durch die Steuerzahler sollte höchstens sektorspezifisch udnd nur für Investitionen erhört, dann aber jedenfalls ganz massiv durch Klima- und soziale Bedingungen in eine nachhaltige Richtung gelenkt werden. Der in den Medien verbreitete 100.000 € Zuschuß für Einfamilienhausbauer erfüllt keines dieser Kriterien: müssen wir wirklich Österreich weiter „verhütteln“? Muss es ein Bürgerrecht auf Wohnungseigentum geben? Wem nützt das? Wie kann ein akzeptables Bauprogramm sowohl die Engpässe bei „leistbarem“ Wohnen reduzieren als auch Klimazielen dienen? Solche Klimabedingungen hätten bereits – wie von mir öfters gefordert – bereits bei den generösen Coronahilfen und den Energiehilfen eingesetzt werden müssen.

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Filed under Climate Change, Crisis Response, Fiscal Policy, Life, Socio-Economic Development

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