“Internationale Standards?” Dass ich nicht weine!


Die skurrile Wiederholung von ÖVP Andreas Hanger in der ZIB2 am 29.3.2021 erinnert in ihrem Duktus an den notorischen Auftritt des Tiroler Gesundheitsstadtrates Tilg nach dem Corona-Ausbruch und dessen Mismanagement in Ischgl im Vorjahr. Mehrere Male wiederholte Hanger, dass die Ausschreibung des ÖBAG Vorstandspostens, die nach allen verfügbaren Informationen der damalige Generalsekretär im BMF Schmid zu verantworten hat (teilweise scheinen wichtige Wortblöcke von ihm selbst gekommen, bzw. jener, der „internationale Erfahrung“ erforderte, auf sein Verlangen aus dem Ausschreibungstext gestrichen worden zu sein), nach „internationalen Standards“ erfolgt sei, ja es hätten sich sogar zwei Ausländer beworben – als ob das den „internationalen Standard“ bewiese. Offenbar hat Hanger in seinem Betriebswirtschaftsstudium im Fach Ethik nicht aufgepasst und glaubt, seine Ignoranz durch mehrmaliges Wiederholen kompensieren zu können.

In der öffentlichen Diskussion um die Selbstbestellung Schmids wird vieles durcheinander geworfen. Faktum ist, dass ihm als Generalsekretär im BMF, welches für Bundesbeteiligungen zuständig ist, das Pouvoir, Vorschläge für den zu bestellenden Aufsichtsrat und Vorschläge für die Ausschreibung des Vorstandes an den Minister zu machen, zusteht. Natürlich hat er dabei nicht eigene Interessen, sondern jene des Staates Österreich zu berücksichtigen, wie jede/r Bundesangestellte.

Internationale Standards verbieten jedoch, dass jemand die Ausschreibung formuliert und sich dann selbst für diesen Posten bewirbt: das geht gar nicht, wie ein Blick in internationale Corporate Governance Codes zeigt. Eigentlich sollte der Generalsekretär eines Bundesministeriums dies wissen und danach handeln.

Noch weniger geht, dass sich dieser Generalsekretär zuerst den Aufsichtsrat aussucht, der die Bestellung vorzunehmen hat, vor seinem Hearing dann einzelne (alle?) vorher trifft (was wurde da wohl besprochen?) und sich dann selbst um diesen wichtigen Posten bewirbt. Ja wo sind wir denn?

Es ist traurig, dass sich bisher vom Vorstand von Transparency International niemand dazu entrüstet gemeldet hat, sondern nur der Ehrenpräsident der Institution Fiedler das einen Rückfall in die sechziger Jahre nennt. Das ist eindeutig zu wenig.

Hier wurde durch Packelei und eklatanten Interessenkonflikt dem Ansehen Österreichs als Verwalter seiner Unternehmensbeteiligungen zumindest großer Reputationsschaden zugefügt. Dass dabei offenbar Bundeskanzler, Finanzminister und andere hohe Repräsentanten des Staates aktiv mitgespielt haben, festigt Österreichs Ruf als „Land der Schlawiner“, als „Schlaucherlpartie“ als Land, in welchem persönliche und Parteiinteressen schamlos das Staatsinteresse dominieren. Nicht nur zerstört dies weiter das Vertrauen der Bevölkerung in seine Regierung, es schädigt auch Österreichs internationalen Ruf, der ohnedies reparaturbedürftig ist.

Offenlegung: Der Autor war Mitglied des Austria Chapter von Transparency International, im Ethics Committee des Aufsichtsrates der Weltbank und Executive Director der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, sowie Gruppenleiter im Finanzministerium.

4 Comments

Filed under Global Governance, Life

4 responses to ““Internationale Standards?” Dass ich nicht weine!

  1. Peter Hagenauer

    Ja, wenn es wenigstens die Zuständ´ von vor 1980 wären! Das Parteibuch als Kariere-Voraussetzung war damals geradezu egalitär – die meisten hatten ja eines, wenn auch nicht selten unfreiwillig. Nun aber haben wir´s mit mit “Kleingruppen” zu tun: Die “Familie” in der politischen Elite vertritt jene kleine Gruppe, von der sie sich finanzieren lässt.

    • naja, so rosig waren die Zustände vo 1980 auch nicht, aber Du hast recht: die Zahl der SPÖ und ÖVP Mitglieder war weit höher als heute. Ob das gut war?

  2. Christoph Neuer

    ausgezeichet kommentiert!

Leave a comment